Koalitionspläne für Zeitverträge:
Befristungen: Problem wird verschleppt
Massive Kritik hat der stellvertretende dbb Bundesvorsitzende und Tarifvorstand Volker Geyer an den im Koalitionsvertrag formulierten Plänen von Union und SPD zur verschärften Bekämpfung von befristeten Arbeitsverhältnissen geübt.
Laut Koalitionsvertrag sollen sachgrundlose Befristungen künftig nur noch bis zu 18 Monate möglich sein, für Befristungen mit Sachgrund soll es eine Obergrenze von fünf Jahren geben, um das Ausufern von Kettenbefristungen zu verhindern. „Damit wird die Befristungsproblematik, deren Spitzenreiter ganz klar der öffentliche Dienst ist, verschleppt, nicht gelöst“, kritisierte der dbb Tarifvorstand am 9. Februar 2018 in Berlin. Gerade im öffentlichen Sektor könnte sich die vermeintliche Eindämmung von Befristungen als „Mogelpackung“ entpuppen. „Hier gelten laut Gesetz Befristungen von Arbeitnehmern, die aus Haushaltsmitteln vergütet werden, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, grundsätzlich als Sachgrund-Befristungen“, so Geyer. „Die schärferen Regelungen für sachgrundlose Befristungen werden also beim ‚Befristungs-Meister‘ öffentlicher Dienst überwiegend gar nicht greifen. Wenn die große Koalition jetzt darangeht, Befristungen im Bereich der Privatwirtschaft zu erschweren, mit dem öffentlichen Dienst den eigenen Bereich jedoch großzügig verschont, ist das kaum der große Wurf, als der das Ganze jetzt verkauft werden soll.“
Befristungen seien grundsätzlich schlecht, betonte Geyer, „weil die betroffenen Menschen in Unsicherheit leben, nicht planen können und mit einem befristeten Arbeitsverhältnis kaum einen Mietvertrag abschließen können. Da macht es keinen Unterschied, ob der Beschäftigte in der freien Wirtschaft arbeitet oder im öffentlichen Dienst. Wenn uns hier aktuell über 200.000 Leute fehlen, darf es eigentlich überhaupt keine Befristungen geben. Insbesondere bei den Auszubildenden drücken sich öffentliche Arbeitgeber weiterhin vor verbindlichen Übernahmeregelungen. Dabei sollten sie froh sein, wenn junge Leute überhaupt noch den Weg in den öffentlichen Dienst finden.“ Als „Zumutung für alle Beteiligten“ bezeichnete der dbb Tarifvorstand die derzeitige Befristungspraxis im Schulbereich: „Da werden qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer regelmäßig vor den Schulferien entlassen und danach wiederum befristet eingestellt. Gleichzeitig heuert man ebenfalls befristete Seiteneinsteiger an, um den Bedarf zu decken. Das ist nicht nur menschenunwürdig, sondern frustrierend für alle befristet Eingestellten, ganz schlecht für die Bildungsarbeit und eine zusätzliche Belastung für diejenigen im Kollegium, die alljährlich wieder Neulinge anlernen müssen – bevor die sich dann auch schon wieder verabschieden“, erklärte Geyer. Er kündigte an, dass der dbb das Thema nicht auf sich beruhen lassen werde. „Befristungen als dauerhaftes Geschäftsmodell haben sowohl in der Privatwirtschaft als auch im öffentlichen Dienst nichts zu suchen.“
Hintergrund
Befristete Arbeitsverträge spielen im öffentlichen Dienst eine größere Rolle als in der Privatwirtschaft, insbesondere bei der Einstellungspraxis. Die Befristungsquoten im Arbeitnehmerbereich liegen zwischen 8,2 in Kommunen, 11,3 Prozent beim Bund und 12,3 Prozent in den Ländern, in wissenschaftlichen Einrichtungen sogar zwischen 50 und 90 Prozent, wie eine Studie zur Befristungspraxis im öffentlichen Dienst des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), veröffentlicht im Dezember 2015, zeigte.