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Personalmangel

Öffentlicher Dienst: Hunderttausende von Überstunden

„Es kracht“ im Gebälk des öffentlichen Dienstes. Der gravierende Personalmangel beim Staat und die Folgen waren Thema beim Interview von dbb Chef Ulrich Silberbach mit der „Wirtschaftswoche“ (wiwo.de, 30.07.2018).

„Der Druck ist enorm. Die Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen schieben Hunderttausende von Überstunden vor sich her. Auch die Zahl der Erkrankungen steigt. Die meisten Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind trotz aller Widrigkeiten engagiert, sie brennen für den Dienst, den sie für die Allgemeinheit leisten. Aber viele von ihnen gehen dabei zunehmend über ihre Leistungsgrenze hinaus, betreiben Raubbau an ihrer Substanz. Das kann und darf nicht so weitergehen, der Staat hat seinen Beschäftigten gegenüber eine Fürsorgepflicht“, warnte der dbb Bundesvorsitzende.

Über Jahrzehnte sei Personalabbau mit dem Rasenmäher betrieben worden, „gleichzeitig hat man das zu bewältigende Auftragsvolumen permanent erhöht, anstatt mit Hilfe einer gesunden Aufgabenkritik Bürokratieabbau zu praktizieren. Wenn man dann auch noch die demografische Entwicklung vollkommen aus den Augen verliert, kracht es halt irgendwann im Gebälk. Dieses Krachen ist nun deutlich vernehmbar, und alle politisch Verantwortlichen gucken betroffen und sagen ‚Och, das ist ja blöd jetzt‘“, kritisierte Silberbach die Personalentwicklung der vergangenen Jahre. „Die Folgen eines öffentlichen Dienstes, der auf der Felge fährt, können Sie tagtäglich besichtigen: Tausende fehlende Kita-Plätze, mitunter monatelange Wartezeiten bei Behördenangelegenheiten, Pflegenotstand und Lehrermangel, marodeste Infrastrukturen, weil es im technischen Dienst an Ingenieuren und Architekten fehlt, äußerst schleppende Digitalisierung von Verwaltungsleistungen. Darunter leiden die Bürgerinnen und Bürger ebenso wie die Wirtschaft, die einen funktionierenden, leistungsfähigen und zeitgemäß technisierten öffentlichen Dienst als wesentlichen Standortfaktor braucht“, so der dbb Chef.

Verschärft würde die Lage durch die Altersstruktur in Behörden und Verwaltungen: „In den kommenden 20 Jahren geht jeder zweite Beschäftigte in den Ruhestand. Wegen der rigiden Personalsparpolitik wurden aber über eine Dekade lang kaum noch neue Kräfte eingestellt und ausgebildet, das heißt, auf die Babyboomer folgen jetzt erstmal weder Menschen noch Know-how.“ Der aktuell in Ausbildung befindliche Berufsnachwuchs könne dieses strukturelle Defizit nicht kompensieren.

Silberbach forderte „eine flächendeckende moderne und nachhaltige Personalstrategie“. Bei der Gewinnung von neue Kräften müsse der öffentliche Dienst als Arbeitgeber „noch viel stärker herausstellen, dass er genau jene sinnhaften Aufgaben bietet, nach denen die jungen Menschen suchen. Vielen sind ein verantwortungsvoller, der Allgemeinheit nutzender Job und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privat wichtiger als das reine Cash. So ein stimmiges Gesamtpaket hat der öffentliche Dienst. Selbstverständlich ist auch hier noch Luft nach oben – etwa in punkto leistungsgerechte Bezahlung, Arbeitsplatzausstattung und -gestaltung, aber im Grunde sind das schon einige gute Argumente.“

Quelle: dbb
Zum vollständigen Interview (wiwo.de)

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