Diskussion um Berufsbeamtentum
Polarisierung statt Sachlichkeit schwächt den Staat nachhaltig
Rund um das Sommerloch 2025 streiten die Regierungsparteien, Sozialverbände, Institute und andere Expertinnen und Experten um den zukünftigen Umgang mit dem Berufsbeamtentum in Deutschland. Dabei werden wie üblich die Fakten ignoriert und Aussagen für größte mediale Aufmerksamkeit passend gemacht. So weit so gewohnt.
Die SPD-Arbeitsministerin Bärbel Bas will die Einbeziehung der Beamten in die gesetzliche Rentenversicherung, obwohl sie sicher den Anfang 2024 verfassten Arbeitsbericht der regierungsberatenden sogenannten Wirtschaftsweisen kennt, aus dem bereits damals eindeutig hervorging, dass dieser Vorschlag ungeeignet ist für eine Lösung der strukturellen Probleme der Gesetzlichen Rentenversicherung.
Dass über diese Probleme gesprochen werden muss, ist auch aus Sicht des vbob richtig. Es braucht dazu nicht die große mediale Bühne, sondern Fachleute in Gremien, wie die längst verabredete Rentenkommission, die im kommenden Jahr die Arbeit aufnehmen wird. Bis dahin sind polarisierende Reden von Politikerinnen und Politikern in den Medien vielleicht Silber, das Arbeiten an sachgerechten Lösungen aber im Sinne der Sache und des sprichwörtlichen Schweigens Gold. Bürgerinnen und Bürger einerseits und eigene staatliche Bedienstete andererseits haben das Recht auf eine seriöse Behandlung der Themen des verfassungsbasierten Berufsbeamtentums und der Alimentation, das hat auch das Bundesverfassungsgericht durch Urteile zurecht gefordert.
Der CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann fühlte sich berufen, in einer von ihm gehaltenen Rede dem Berufsbeamtentum den Kampf anzusagen. Er definiert nun freiweg Berufsgruppen, die aus seiner Sicht nur noch verbeamtet werden sollen. Auch darüber wird sich von oftmals den Gleichen öffentlich mit unterschiedlicher Qualität und bestenfalls Halbwissen unsachlich in den Medien ausgetauscht. Das hilft weder in der Sache noch löst es irgendein Problem. „Einfach mal machen“ bedeutet in diesem Fall, sich vorher mal mit der Materie ausgiebig zu befassen!
Die Unterschiede zwischen Rente und Versorgung werden hinzu von einigen öffentlichen Diskutanten als Gerechtigkeitsfrage dargestellt, ein ganz besonders absurdes Argument. Es folgt dem Reflex in einem von unterschiedlichen sozialpolitischen Grundsätzen geprägten politischen Parteiensystem und hat nichts mit der notwendigen Sachlichkeit zu tun.
Auch wir als Gewerkschaft verfolgen das Ziel gleicher Bezahlung für gleiche Tätigkeit im öffentlichen Dienst, aber: Beamte werden auf Basis von Besoldungsgesetz und Verfassung alimentiert,
also bezahlt, alle anderen Arbeitnehmenden im öffentlichen Dienst und in den Unternehmen in Deutschland auf Basis tarifvertraglicher oder betrieblicher Regelungen, das ist z.B. einfach Fakt.
Deswegen unterscheiden sich die Alterssysteme auch in Rente und Versorgung. Das bei öffentlichen Statements bewusst zu unterschlagen oder in der Diskussion zu verkürzen, das ist wohl Absicht, aber unsachlich und populistisch, erst recht von jenen, die „Gerechtigkeit“, also Gleichmachen unterschiedlicher rechtlicher Grundlagen fordern.
Wer die Zukunft Deutschlands hinzu ausschließlich nach weitestgehend politisch verursachter Finanzlage, tages-, parteipolitischen oder wahltaktischen Überlegungen ausrichtet, wird der eigentlich bevorstehenden großen Herausforderung der Neuaufstellung Deutschlands und dessen sozialer Sicherungssysteme nicht gerecht.
Das führt uns abschließend zur Bilanz politischen Handelns von Bundesregierungen der letzten zwanzig Jahre in der Bundesverwaltung:
- die höchste Wochenarbeitszeit von 41 Stunden für Beamte und bis heute kein Wille, daran etwas mit Blick auf den Wettbewerb am Arbeitsmarkt zu verändern,
- eine durch das Bundesverfassungsgericht festgestellte nicht verfassungskonforme Bezahlung der Beamtinnen und Beamten, an deren Neuregelung sich inzwischen die dritte Bundesregierung versucht,
- ein Dienstrecht, welches die Entwicklungen von moderner Beschäftigung auf dem Arbeitsmarkt nicht abbildet,
- einen schon seit langem avisierten und bekannten demografischen Wandel mit nicht besetzten Stellen, hinter denen Aufgaben definiert sind, die nun andere miterledigen müssen, ohne sich darauf vorzubereiten.
Da hätte man nicht nur vor Jahren bereits investieren müssen, die Arbeitgebermarke für die statistisch absehbaren rückläufigen Bewerberzahlen gut aufzustellen und attraktiv zu gestalten. Doch dafür gibt es nicht nur kein Geld. Da soll die 8%-Stelleneinsparung aus Sicht der aktuellen Koalition die Lösung sein?
Diese eigentlich als Teil der Haushaltsdebatte in den letzten Jahrzehnten durch die Politik verstandene und geführte Debatte hat eine öffentliche Wahrnehmung des Staates erst erzeugt.
Diese und nicht das Handeln von Beamten führt zur Meinung, der Staat schafft seine Aufgaben nicht. Das stärkt Kräfte, die gleichsam populistisch von sich behaupten, dass es mit ihnen anders liefe. Diese Art und Weise des Angangs an Herausforderungen schwächt den Staat nachhaltig!
